7-stellige Corona-Verluste für Unnas Haushalt – Höhere Zuschüsse für Kultur/Stadthalle – Neue Schulden für neuen Rat

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Seit vielen Jahren gilt  für Unnas Finanzlage: Unna hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Das stimmt jetzt nicht mehr so ganz.

Jetzt hat Unna zusätzlich ein ganz massives Einnahmeproblem. Coronabedingt. Ein siebenstelliges Problem, so die ersten vorsichtigen Schätzungen des Kämmerers, die er in der ersten Ratssitzung nach der Coronazwangspause am Donnerstag (14. Mai) in der Stadthalle vorstellte.

Großprojekte in Millionenhöhe hatte sich die Kreisstadt vor der Coronakrise vorgenommen und viele Planungen schon weit vorangetrieben. Flüchtingsunterkunft an der Kamener Straße, Realschulneubau, neue Grundschule/Kita am Hertinger Tor… diese wurde in der Ratssitzuung erneut für ihre Konzipierung inklusive das Verkehrskonzept gelobt (HIER).

Dann kam Corona – mit dem erzwungenen wochelangen Stillstand weiter Teile der Wirtschaft und des Handels, mit Tausenden Arbeitnehmern in Kurzarbeit und schon im April einem Hochschnellen der Arbeitslosenmeldungen. Das schlägt sich direkt auf die kommunalen Haushalte nieder.

In der Ratssitzung stellte Kämmerer Achim Thomae zunächst den Jahresabschluss 2019 vor. Dort schlagen einige Großprojekte, die noch in der Planung stecken, mit insgesamt über 10 Mio. Euro zu Buche: allein der Anbau der Schillerschule Massen und die Flüchtlingsunterkunft in Königsborn z. B. kommen in dieser Auflistung zusammen auf rund 4 Mio. Euro.

Da es sich jedoch um den Haushaltsabschluss für 2019 handelt, bezeichnete Thomae dieses Theman als „abgehakt“.

Auf den Einwand von Klaus Göldner (Freie Liste Unna/FLU), dass das – politisch heftig umstrittene – Flüchtlingsheim mit avisierten 3 Mio. Euro Baukosten für 13 Kleinwohnungen doch noch gar nicht gebaut sei, verwies der Kämmerer auf den entsprechenden Ratsbeschluss. Er bezeichnete eine Diskussion an dieser Stelle darüber als „fehl am Platze“. Die FLU hatte im Vorfeld der Sitzung dafür plädiert, angesichts der katastrophalen Folgen der Coronapandemie gerade auch für den ohnehin fragilen Unnaer Haushalt realistisch neu zu planen – und damit auch schon beschlossene Großprojekte in Frage zu stellen.

Davon ist bisher keine Rede. Im ersten entworfenen Szenario zu den finanziellen Folgen der Coronakrise prognostiziert die Stadtkämmerei siebenstellige Verluste. Achim Thomae wies in seinem Vortrag darauf hin, dass z. B. die Lindenbrauerei und die Stadthalle seit acht Wochen Null Einnahmen haben, und eine Lockerung des Verbots von Großveranstaltungen steht frühestens im September in Aussicht, Discotheken müssen auf unabsehbare Zeit weiter geschlossen halten.

Man verzichte aber momentan auf die Haushaltssperre, erklärte Thomae, um den „externen Partnern“ nicht vollends die Existenzgrundlage zu rauben. Mit diesen Partnern ist vor allem die „Kultur- und Veranstaltungsbranche“ gemeint. Für diese Institutionen sind zunächst alle Zuschüsse des Jahres 2020 vorgezogen worden, um die Liquidität zu sichern. Trotz Kurzarbeit in den Kultureinrichtungen sei jetzt schon ein deutliches Defizit für 2020 absehbar, was mit höheren Zuschüsse der Stadt ausgeglichen werden müssen.

Von einem Verzicht auf geplante Investionen ist in dem Erstszenario der Verwaltung nicht die Rede.

Unnas Kämmerer geht von finanziellen Stärkungspaketen ab Sommer für die Kommunen aus.  Diese Kredite, hakte Günther Schmidt (FDP) nach, wären dann aber neue Schulden für die Stadt? „So ist es“, bestätigte der Kämmerer. Und er nickte auch dazu, als Klaus Göldner stirnrunzelnd einwandte: „Diese fehlenden Millionen werden dann also ab 2021 den neuen Rat und den neuen Bürgermeister beschäftigen.“

 

Ersteinschätzung zu den Folgen der Coronakrise auf den städischen Haushalt

Die deutsche Spitzenpolitik schätzt die Coronakrise als größte Herausforderung seit dem zweiten Weltkrieg ein. In der Tat wirken sich die diversen Gesetze, Verordnungen und Verhaltensregeln auf fast alle Teile der Verwaltung aus. Auch in finanzieller Hinsicht sind größere Auswirkungen zu spüren und noch weiter zu erwarten. Diese Vorlage soll aus diesem Blickwinkel einen ersten Überblick in den einzelnen Dezernaten geben.

 

Dezernat 1

Ein großer Teil der Auswirkungen wird sich bei den städtischen Steuererträgen, insbesondere bei der Gewerbesteuer und im kommunalen Finanzausgleich, widerspiegeln.

  1. Gewerbesteuer

Die Gewinne ganzer Branchen werden in diesem Jahr und womöglich auch in den Folgejahren nicht nur deutlich zurückgehen, sondern zum Teil auch in einen Verlust umschlagen. In der Zwischenzeit wurden vom Bund als auch vom Land Regularien beschlossen, die es den betroffenen Betrieben in einem vereinfachten Verfahren ermöglichen, die Gewerbesteuervorauszahlungen im Jahr 2020 bis auf 0 zu reduzieren und folglich zu Gewerbesteuerabgängen bei der Kreisstadt Unna in siebenstelliger Höhe führen. Durch die Abrechnungszyklen ist das laufende Jahr 2020 systembedingt allerdings durch die Nachzahlungen der wirtschaftlich guten Jahre 2018 und 2019 geprägt. Von daher dürfte ein deutlicher Rückgang beim Gewerbesteueraufkommen erst ab dem Jahr 2021 zu spüren sein.

Zusätzlich zu den echten Steuermindererträgen erfolgen Stundungen von städtischen Forderungen; sie wirken sich negativ auf die Liquidität der Kreisstadt Unna aus.

  1. Anteil an der Umsatzsteuer, Erträge aus der Vergnügungssteuer

Die Coronakrise hat zu Geschäftsschließungen über Wochen geführt. Auch in der Zeit danach ist mit einer größeren Kaufzurückhaltung der Konsumenten zu rechnen. Der nicht stattfindende oder deutlich verminderte Konsum führt zu fehlenden Erträgen verbunden mit entsprechenden Umsatzsteueranteilen der Geschäftsinhaber. Die nicht umgesetzte Umsatzsteuer führt zu verringerten Umsatzsteueranteilen auf kommunaler Ebene.

Entsprechend führen die Schließungen der Vergnügungsstätten zu fehlenden Erträgen aus der Vergnügungssteuer.

  1. Anteil an der Einkommensteuer

Die kommunalen Anteile an der Einkommensteuer waren in den letzten Jahren auf Grund guter Lohnabschlüsse und einer zunehmenden Beschäftigungsquote von hohen Steigerungsraten geprägt. Vor dem Hintergrund der Coronakrise sind zur Zeit Entlassungen in den Betrieben zu verzeichnen und die Möglichkeit des Kurzarbeitergeldes wird stark in Anspruch genommen. Damit gehen naturgemäß rückläufige Erträge aus der Einkommensteuer einher. Mit der kommenden Steuerschätzung im Mai wird ein erster Überblick über die zu erwartenden Dimensionen erwartet.

  1. Kreisumlage

Der Kreishaushalt ist in einem hohen Maße von Sozialleistungen geprägt, hier ist speziell das Jobcenter herauszuheben. Deren Verantwortliche gehen in den nächsten Monaten von fühlbaren Mehraufwendungen aus. Daneben steigen die Aufwendungen für die Gesundheitsfürsorge sowie der notwendige Verlustausgleich für den geringer ausgelasteten ÖPNV. Alles in allem rechnet der Kreis mit mehreren Millionen Euro an Verschlechterungen, welche sich in der Kreisumlage widerspiegeln; die Kreisstadt Unna ist hieran mit ca. 15% beteiligt.

  1. Auswirkungen auf das Gemeindefinanzierungsgesetz

Die geringeren Steuererträge führen landesseitig zu einer geringeren auf kommunaler Ebene zu verteilenden Verbundmasse. Hier ist mit Verschlechterungen in Millionenhöhe in den kommunalen Haushalten bei den Schlüsselzuweisungen der Jahre 2021 ff. zu rechnen. Zudem wird die Anzahl der Kommunen steigen, die Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Zuweisungstopf erhalten. In der Folge dürfte es zu Verwerfungen zwischen den Finanzzuweisungen der einzelnen Kommunen kommen.

  1. Stadtbetriebe

Bislang sind Mehrkosten für ein zusätzlich angemietetes Müllsammelfahrzeug, für zusätzliche Mitarbeiter*innen, Schutzausrüstung und zusätzliche Reinigungen angefallen. Im Bereich Friedhöfe sind Mindereinnahmen aufgrund der Nicht-Nutzung der Trauerhallen zu verzeichnen. Inwieweit diese und ggf. weitere Mehrkosten bzw. Mindereinnahmen refinanziert werden können, ist zurzeit nicht realistisch einzuschätzen.

  1. Auswirkungen auf die Gesellschaften

Auch hier wirkt sich die Coronakrise auf verschiedene Teilbereiche aus. Da neben dem Kreis Unna auch die kreisangehörigen Städte und Gemeinden die Verkehrsgesellschaft des Kreises Unna (VKU) finanzieren, werden diese dementsprechend auch von steigenden Verlustausgleichszahlungen betroffen sein.

Coronabedingt geschlossene Betriebe verbrauchen weniger Energie und reduzieren dadurch die Erträge der Stadtwerke sowie die Erträge aus Konzessionen im städtischen Kernhaushalt. Bei den Wirtschaftsbetrieben sinken die Erträge einerseits durch die Schließung des Schwimmbades und andererseits durch die verminderte Kundenfrequenz in den innerstädtischen Parkplatzanlagen.

Bei der Veranstaltungs- und Marketing GmbH fallen die Auswirkungen umfänglich aus, da praktisch die gesamte Geschäftsgrundlage entfallen ist. Gleiches gilt für die Vermarktung der Stadthalle, die für die bisher vorgesehenen Kulturveranstaltungen, Messen und Kongresse in den nächsten Monaten nicht mehr genutzt werden kann.

Die finanziellen Auswirkungen dürften insgesamt zu Verschlechterungen in sechsstelliger Höhe führen.

 

Dezernat 2

  1. Beiträge für Kindergärten, Offenen Ganztag und Tagesbetreuung

Die kommunalen Spitzenverbände haben sich mit dem Land NRW darauf verständigt, das Volumen der Elternbeiträge auf das Land, die Kommunen und die Eltern für den Zeitraum der bisherigen Schließung der Kindertageseinrichtungen von Mitte März bis Ende Mai zu verteilen. Für die nur geringe Inanspruchnahme im Rahmen der Notbetreuung werden keine Gebühren erhoben.

Die Notbetreuung wurde jetzt ausgeweitet (u.a. berufstätige Alleinerziehende). Dennoch steht das Angebot der Kindertagesbetreuung und Offenen Ganztagsschule dem Großteil der Familien nicht zur Verfügung. Zur Entlastung der Familien haben sich das Land NRW und die kommunalen Spitzenverbände verständigt, für die Monate April und Mai 2020 auf die Erhebung von Elternbeiträgen zu verzichten und jeweils zur Hälfte die ausfallenden Beiträge zu übernehmen.

Die Elternbeiträge für die Kindertagesbetreuung und die Offene Ganztagsschule betragen monatlich insgesamt rd. 270.000 €. Der Kreisstadt Unna entstehen durch die Übernahme der hälftigen Beiträge Einnahmeverluste von rd. 135.000 € pro Monat.

Mittelfristig ist mit reduzierten Erträgen aus Elternbeiträgen zurechnen. Eltern werden aufgrund von Kurzarbeit bzw. Arbeitslosigkeit Anträge auf erneute Berechnung der Elternbeiträge stellen.

  1. Gebühren der Bibliothek

Die Wochen der Schließung führen zu Mindererträgen bei den Leih- und den Mahngebühren. Selbst nach einer Öffnung der Bibliothek ist mit einer verminderten Kundenfrequenz und damit geringeren Gebühreneinnahmen zu rechnen. Insgesamt wird mit einer Summe in fünfstelliger Höhe gerechnet.

  1. Gebühren der Volkshochschule

Positiv zu werten ist die Zusage des Landes, seine Zuschüsse vollumfänglich weiter zu zahlen, auch wenn keine Bildungsangebote nachzuweisen sind. Damit sind die Stellen im pädagogischen Bereich wie bisher zu einem Großteil zweckgebunden durch die Landesförderung refinanziert.

Negativ zu werten ist die Einschätzung, dass der Saldo aus Gebührenerträgen und Dozentenhonoraren sich um mehrere zehntausend Euro reduzieren wird. Hinzu kommen zusätzliche Ausgaben für die Umstellung auf digitale Formate. Die VHS rechnet mit einem Fehlbetrag von bis zu 80.000 € im Jahr 2020. Aktuell laufen Diskussionen mit dem Land NRW, die Einnahmeausfälle über einen weiteren Rettungsschirm zu kompensieren.

  1. Gebühren der Jugendkunstschule

Soweit machbar, wurde der Unterricht zwischenzeitlich in Absprache mit den Dozenten/Dozentinnen und Teilnehmern/Teilnehmerinnen auf digitalen Alternativunterricht umgestellt. Diese Angebote wurden auch weitgehend angenommen. Bei einigen Teilnehmern/Teilnehmerinnen war es z.B. aufgrund fehlender eigener Technik nicht möglich, das digitale Alternativangebot zu nutzen. Die Auswertung der entsprechenden Dokumentationen der Dozenten/Dozentinnen steht noch aus. Eine Aussage zu Mindereinnahmen kann daher derzeit noch nicht erfolgen.

Nicht stattgefunden haben die Ferienangebote in den Osterferien, z. B. Workshops. Diese wurden aufgrund der aktuellen Situation abgesagt. Kosten für Honorare sind nicht entstanden.

  1. Zuschüsse nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG)

Das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) regelt die Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschüssen an Einrichtungen und soziale Dienste zur Bekämpfung der Corona-Krise.

Leistungsträger für die sozialen Dienste, die ihren Bestand nicht mit vorrangigen verfügbaren Mitteln absichern können, haben die Möglichkeit, einen Antrag auf einen Zuschuss nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) bei dem jeweiligen Leistungsträger, zu dem sie in einem Rechtsverhältnis stehen, zu stellen.

Die Zuschüsse nach dem SodEG dürfen max. 75 % des Monatsdurchschnitts betragen.

Bei der Kreisstadt Unna sind verschiedene Anträge von Trägern eingegangen, die derzeit geprüft werden.

 Des Weiteren werden Zuschüsse im Rahmen des Kinder- und Jugendförderplans gezahlt, soweit Leistungen von Trägern möglich sind und erbracht werden.

  1. Aufwendungen in den Schulen für Reinigung und Schülerbeförderung

Die bestehenden Reinigungsverträge (Immobilienmanagement) bestehen weiterhin. An den Schulen hat während der Schließung eine Grundreinigung stattgefunden. Nach der teilweisen Wiedereröffnung der Schulen sind zusätzliche Reinigungen, Flächendesinfektionen und höhere Hygienestandards erforderlich.

Darüber hinaus sind zusätzliche Hygieneartikel (Mundschutz) sowie Hand- und Flächendesinfektionsmittel (für Lehrkräfte, städt. Personal, Schüler/-innen) erforderlich. Die genauen Mehrkosten können noch nicht beziffert werden.

Bei den Schülermonatsfahrkarten gibt es keine Auswirkungen auf die Höhe der Zahlungsverpflichtungen an die Verkehrsunternehmen. Die vertragliche Grundlage der Zahlungsverpflichtung sind die Schülerzahlen nicht die tatsächlichen durchgeführten Busfahrten. Mehrausgaben könnten jedoch entstehen, wenn evtl. Unterricht in Schichten erfolgen soll und zusätzliche Busse erforderlich sind.

Einsparungen ergeben sich bei dem Schülerspezialverkehr (Busfahrten zum Schwimmunterricht), da die Abrechnung nach den tatsächlich stattgefundenen Fahrten erfolgen. Solange kein Schwimmunterricht erteilt wird, können sich pro Monat Einsparungen von rd. 7.000 € ergeben.

Dezernat 3

Die Coronakrise hat hier keine größeren Auswirkungen auf die Aufwendungen. In Einzelfällen werden Mieten oder Pachten für einige Monate gestundet.

Auch die Auswirkungen auf die Abwicklung der Investitionsvorhaben ist überschaubar und eher von organisatorischen Veränderungen geprägt.

 

Dezernat 4

  1. Park- und Sondernutzungsgebühren sowie Bußgelder für den ruhenden Verkehr

Fehlende Veranstaltungen und geschlossene Verkaufsräume in der Innenstadt wirken sich auf die Nutzung von innerstädtischen Flächen aus. Selbst durch die aktuelle Öffnung der Geschäfte, wird die Kundenfrequenz und damit die Erträge aus den Parkgebühren sowie den Verwarn- und Bußgeldern deutlich geringer ausfallen. Im Jahresverlauf wird mit Mindererträgen in Höhe von 400 T€ gerechnet.

 

  1. Erträge/ Nutzung der Einrichtung Fässchen

Auf Grund der andauernden Schließung des Seniorentreffs Fässchen seit Mitte März fällt der im Haushalt angesetzte monatliche Deckungsbeitrag aus dem Lebensmittelverkauf der Cafeteria i.H. von rd. 2.000 € weg. Eine Wiedereröffnung ist auf Grund der sensiblen Zielgruppe frühestens in der zweiten Jahreshälfte zu erwarten.

  1. Alternative Übernachtungsstelle

Durch die erforderlichen Kontakteinschränkungen hat die von der Caritas im Kreis Unna betriebene Übernachtungsstelle für wohnungslose Männer einen Aufnahmestopp verfügt. Somit muss die Kreisstadt Unna die gesetzliche Pflichtaufgabe zur Verhinderung von Obdachlosigkeit in Eigenregie sicherstellen. Hierfür wurden geeignete Räumlichkeiten in der städtischen Unterkunft an der Kamener Straße 120 freigezogen. Durch die notwendige Vor-Ort-Betreuung während der Betriebszeit der alternativen Übernachtungsstelle von 18 Uhr bis 8 Uhr am Folgetag fallen seit Mitte März zusätzliche monatliche Kosten von ca. 6.000 € an. Eine Wiedereröffnung der Caritas-Übernachtungsstelle wird frühestens ab Ende Mai erwartet.

Zusammenfassende Würdigung

Die vorgenannten Ausführungen zeigen, dass mit finanziellen Verschlechterungen in siebenstelliger Höhe für den städtischen Haushalt und deren Beteiligungen zu rechnen ist. Die finanziellen Dimensionen sind den Umständen entsprechend schwer bis gar nicht prognostizierbar und hängen von vielen Faktoren wie dem Gesetz- und Verordnungsgebern Land und Bund, Betrieben und Konsumenten ab. Ein haushaltstechnischer Ausgleich wird den meisten Städten und Gemeinden in dieser finanziellen Dimension nicht möglich sein. Vor diesem Hintergrund hat das Kommunalministerium des Landes einige haushaltserleichternde Regularien erlassen:

Zum einen sind im Haushaltsjahr 2020 notwendige überplan- und außerplanmäßige Aufwendungen ohne Herstellung einer finanziellen Deckung möglich.

Zum anderen können die Corona bedingten Haushaltsverschlechterungen in den Jahren 2020 und 2021 bilanziell gesondert ausgewiesen werden. Durch diese Bilanzierung soll bewirkt werden, dass sich die genannten Haushaltsverschlechterungen nicht auf das Ergebnis auswirken und erst ab dem Jahr 2025 -über 50 Jahre verteilt- die laufende Ergebnisrechnung belasten.

Eine echte finanzielle Kompensation zur strukturellen Stärkung ist bislang ausschließlich für Stärkungspaktkommunen im Jahr 2020 vorgesehen. Neben den Teilerstattungen für die erlassenen Elternbeiträge im Bereich der Kindertagesbetreuung und des Offenen Ganztages an Schulen beschränkt sich der Rettungsschirm des Landes für alle Kommunen bisher lediglich auf Liquiditätshilfen im Rahmen von Krediten.

Bei Haushaltsverschlechterungen in der dargestellten Dimension hat die Kommune normalerweise mit einer Haushaltssperre zu reagieren. Um die Krisensituation nicht nachfrageseitig noch zu verstärken, hat das Kommunalministerium bisher darauf gedrungen, hiervon keinen Gebrauch zu machen. Die Möglichkeit des Rates, eine Sperre zu verhängen, wurde zeitweise sogar außer Kraft gesetzt.

Der Situation angemessener ist es, mit internen Bewirtschaftungsvorgaben zu reagieren. Der Verwaltungsvorstand hat sich in diesem Zusammenhang darauf verständigt, alle Kräfte auf die Krisenbewältigung sowie die Sicherung bestehender städtischer Strukturen zu konzentrieren und die Finanzmittel für diese Aufgaben zu bündeln.

So sind einerseits Mitarbeiterkapazitäten im Haus zugunsten der Ordnungsbehörde und der Rettungswache umgeschichtet worden. Andererseits sollen nicht verausgabte Gelder (z.B. für Veranstaltungen) in den kommenden Monaten zugunsten der externen Partner, vor allem der Kultur- und Veranstaltungsbranche, umgeschichtet werden. Für diese Institutionen sind zunächst alle Zuschüsse des Jahres 2020 vorgezogen worden, um deren Liquidität zu sichern. Trotz der Nutzung von Kurzarbeitergeldregelungen in diesen Institutionen ist aber bereits heute erkennbar, dass deren Jahresergebnisse defizitär enden und mit einem höheren Zuschuss der Stadt ausgeglichen werden müssen.

Derzeit werden in Dezernaten die möglichen Umschichtungspotentiale ermittelt. Gleichzeitig befindet man sich mit den betroffenen Institutionen im Gespräch. Diese ermitteln, soweit möglich, bis Juni ihrerseits die zu erwartenden Deckungslücken des Jahres 2020. Anschließend werden die Ergebnisse zusammengestellt und stehen für eine Beratung in den politischen Gremien unmittelbar nach den Sommerferien an.

6 KOMMENTARE

  1. Auch wenn es die Mehrheit des Unnaer Stadtrates nicht mehr hören will, werde ich mich immer wieder gebetsmühlenartig zur Finanzsituation dieser Stadt äußern. Unna ist, wie viele andere Kommunen auch, finanziell am Ende. Die Corona Krise beschert dem städtischen Finanzhaushalt, der bereits vorher nur mit Mühe das Jahr 2020 einigermaßen überstanden hätte, mit weiteren Millionenverlusten das endgültige Desaster. Da werde ich meinem Ruf als „Bangemacher“ gern gerecht. Ich bin es nämlich leid, immer nur auf die Einsicht und das Erbarmen von Bund und Land zu hoffen. Denen in Berlin und Düsseldorf steht das Wasser doch auch bis zum Hals. Über die europäischen Finanzprobleme und das zurzeit etwas in den Hintergrund geratene Flüchtlingsproblem möchte ich heute gar nicht erst reden. Natürlich muss man jetzt aufpassen, dass nicht die gesamte Wirtschaft „vor die Hunde geht“. Ja, und leider wird man dafür zusätzliche Schulden aufnehmen müssen. Aber man darf dennoch eines nicht verdrängen: Irgendwann muß irgendwer diese Schulden auch wieder abtragen müssen, selbst wenn man die Tilgung auf fünf Jahrzehnte in der Hoffnung streckt, dass in den nächsten 50-60 Jahren keine weitere Krise auf und zukommt. 500 Mrd. Euro Corona Soforthilfe des Bundes, 800 Mrd. staatliche Garantien. Dazu ein Einnahmeverlust allein in diesem Jahr von über 80 Mrd. Euro. Bei solchen Zahlen wird einem direkt schwindelig. Wo soll dieses Geld denn herkommen? Selbst wenn die sogenannten Reichen, die sowieso bereits einen Großteil der Steuerlast tragen, stärker zur Verantwortung gezogen würden, bleibt der Löwenanteil doch beim Mittelstand hängen. Steuer- und Abgabenerhöhung?Natürlich, was denn sonst?! Mit Steuersenkungen und der Hoffnung, eine wiedererstarkende Wirtschaft wird das alles schon wieder richten, wird man den Krater nicht mehr schließen können. Ok, Kaputtsparen hilft auch nicht. Aber ebensowenig hilft, die Dimension zu ignorieren und so zu tun, als könne man einfach so weitermachen wie bisher. Und damit komme ich zurück auf den Unnaer Haushalt. Da gibt es nämlich tatsächlich Millionenprojekte, die noch gestoppt werden könnten, obwohl sie der Rat mehrheitlich, wenn auch unter anderen Bedingungen, beschlossen hat.
    Beispiele: Wir brauchen keinen Flüchtlingsneubau, der ganz sicher, wie alle anderen Bauprojekte der Stadt, erheblich teurer als geplant werden wird. Ob’s der Rat nun beschlossen hat oder nicht. Dann muss der Rat eben neu beschließen. Eine neue Lage erfordert auch neue Beschlüsse! Mit dem Großprojekt am Hertinger Tor wurde noch nicht wirklich begonnen. Es soll zwischen 20 und 30 Millionen Euro kosten. Die Verkehrssituation ist dabei noch nicht einmal abschließend geklärt, und die notwendige Neugestaltung des Umfeldes wird weitere große Beträge verschlingen. Überdies wird wertvoller alter Baumbestand vernichtet. Das alles scheint die große Mehrheit des Rates hinzunehmen. Über die weiteren Probleme der Kulturförderung und des Stadtmarketing wurde bislang noch gar nicht gesprochen. Als Soforthilfe wurden hier bereits schon jetzt die Gelder des gesamten Jahres verausgabt, weshalb die Wehklage im zweiten Halbjahr vorprogrammiert ist. Man darf gespannt sein, wie es in Unna weiter geht. Ich werde jedenfalls nicht aufhören, den Finger in die Wunden zu legen und auf bessere Gestaltungsmöglichkeiten im neuen Rat zu hoffen.

  2. Es ist nicht mehr nachvollziehbar und unverantwortlich wie der Rat auf dem Rücken seiner Bürger und Lasten der Steuerzahler agiert. Dazu noch gepaart mit einer überheblichen Arroganz wenn berechtigte Einwände abgebügelt werden die nicht ins das Konzept geplanter aber unnötiger Prestigebauten passt. Des Weiteren noch mit kindlich naivem Wunschdenken denn die Planung zum Flüchtlingsheim sind längst überholt und die zuletzt genannte (und ebenfalls nicht ausreichende) Summe von 3,6 Mio taucht nirgends mehr auf, wird verschleiert zusammen mit der Renovierung einer Schule genannt. Augenwischerei oder auch besser “Verdummung” per excellence .

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